< PreviousRahmen-Kultur | WERnER MuRRER RaHMEn 030WERnER MuRRER RaHMEn www.murrer-rahmen.de Zennerstraße 6/Rgb. 81379 München T: +49 (89) 723 6 723 031interview | Herbert schultes „ich bin ein verlässlicher Küchenjunge.“ „Guten Morgen!“ „Hallo!“ „Wie geht’s, Herbert?“ Wer wie Herbert H. Schultes auf diese Weise im „Schumann’s“ begrüßt wird, ist zweifellos Stammgast. Zügig ist ein Platz im Hofgarten gefunden. Der Designer, der zahllosen Produkten Form und Raum gab, trägt einen schwarzen Anzug. Seine Stimme ist nicht laut, aber auch nicht leise. Sie knarzt ein wenig, hat ein angenehmes Timbre. Kaum hörbar rollt er das „R“. Interview: Peter Gaide Steckbrief Herbert H. Schultes: Geboren 1938 in Freiburg im Breisgau, Ingenieur- und Designstudium in München. Entwirft seit über 50 Jahren Kameras, Stühle, Regenstiefel, Skibindungen, Strahler, Leuchten, Badmöbel und Küchen für kleine und große Unternehmen wie Agfa, Braun, Atomic, Bulthaup und ClassicCon oder in eigener Sache. Allerhand Ehrungen und Auszeichnungen. Von 1985 bis 2000 Chefdesigner der Siemens AG. Seit 12 Jahren Inhaber eines eigenen Designbüros. Küche Bulthaup b3 für Bulthaup GmbH & Co KG H.H.Schultes und Bulthaup Design 032Herr Schultes, stimmt es, dass Sie ursprünglich nicht Designer, sondern Regisseur werden wollten? Filmemacher! Ich wollte Filmemacher werden. Jemand, der seine eigenen Drehbücher schreibt, die Kamera führt, die Regie macht. Alles aus einer Hand. Das aufkommende Autorenkino faszinierte mich. Und warum dann doch Design? In den späten 50er-Jahren sahen meine Pläne vor, nach Ulm zu gehen und Film zu studieren. Dem wiederum ging ein Praktikum im Fotostudio von Siemens voraus, in dem einige, wie ich fand, interessant aussehende Typen mit längeren Haaren und schwar- zen Rollkragenpullovern ein- und ausgingen und Gipsmodelle von Fernschreibern und Kühlschränken hin- und herschleppten. Form- gebung nannte man das damals, die Begriffe Design und Designer gab es noch nicht. Das packte mich, ließ mich nicht mehr los. Das Filmemachen habe ich dabei irgendwie vergessen. Haben Sie es bereut? Oft. Ich liebe Geschichten, und Filme machen heißt, Geschichten erzählen. Welche hätten Sie erzählt? Ach, das ist so lange her, das weiß ich nicht mehr. Keine vergilbten Drehbücher in Kartons auf dem Dachboden? Bis zum Drehbuch schreiben bin ich ja gar nicht gekommen! Erzählt Design Geschichten? Über gutes Design muss man Geschichten erzählen können. Das habe ich mir zumindest lange Zeit immer wieder selbst aufgesagt. Eine Schutzbehauptung anfangs. Inzwischen glaube ich aber wirk- lich fest daran, dass man als Designer eine Konzeptidee von einem Produkt und einem Raum entwickeln sollte, die sich als stimmige Geschichte erzählen lassen muss. Umso besser sind die Produkte, die dann entstehen. Das Gegenteil davon ist sinnloses Styling, des- sen Ergebnis eine leere, leblose Hülle ist, die im Grunde niemand braucht. Ein Produkt, das Sie in den 1970er-Jahren entwarfen, war ein Kinder-Regenstiefel für die Marke Elefanten. Würden Sie den heute nochmal so gestalten? Ja, der war gut, der ist heute noch wie gestern entworfen. Und wie lautet die Geschichte dazu? Kleine Kinder ziehen ihre Schuhe und Stiefel mit großer Vorliebe so aus, dass sie mit dem einen Fuß den Schuh vom anderen Fuß strei- fen. Sie stellen den Fuß also in die Ferse des Schuhs – und drücken. Bekanntlich beansprucht das den Schuh erheblich, also zogen wir die Gummisohle weit nach hinten und oben, bis über die Ferse und statteten sie mit Rippen aus, damit der Fuß besseren Halt findet. Gutes Design beruht demnach auf einer Art Feldforschung: Was zeichnet ein Produkt aus, was benötigt der Nutzer? So in etwa. Sie müssen genau beobachten und analysieren, wie und wozu ein Ding da ist. Und dann die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Für mich sind dabei zwei Aspekte besonders wichtig: Funk- tionalität und Essenz, also wozu und in welchem Kontext ein Ding, ein Produkt benutzt wird und welche elementaren Eigenschaften es auszeichnen. So eine Einstellung führt einen zwangsläufig zu ausge- prägtem Minimalismus und hoher Qualität, glaube ich. Für Schmuck und Zierrat bleibt dabei wenig Platz, am besten gar keiner. Gegen Moden und den Zeitgeist fühlen Sie sich also immun? So habe ich das nicht gemeint. Ich habe überhaupt gar nichts gegen Moden, sie sind sogar wichtig, weil sie für neue Ideen und Bewe- gung sorgen. Sie dürfen aber das Wesentliche nicht überlagern. In den vergangenen Jahrzehnten gab es so viele Designtrends, die ausgerufen wurden: Postmoderne, neue deutsche Welle, Neobarok- koko, Softlook oder auch Memphis. Ich stand dem immer skeptisch Panto Kindergummistiefel für Elefantenschuh Schlagheck Schultes Design Mitarbeit Fred Brendel Besteck Basicx für Auerhahn Entwurf H.H.Schultes 033Karaffen und Glasserie für Auerberg Entwurf H.H. Schultes Leuchte Orbis für Classicon Entwurf H.H. Schultes ICE Cockpit für Siemens Design und Messe GmbH Mitarbeit: Stefan Apetauer, Frank Zebner Bordrestaurant ICE Siemens Design & Messe GmbH Mitarbeit: Hato Grosse, Andreas Rösner, Reinhard Segers Orthophos Orthodontic X-Ray Unit Kiefer-Röntgengerät Siemens Design Mitarbeit: Tilman Phleps Sirona C1 Zahnarztstuhl Siemens Design Mitarbeit: Tilman Phleps, Edwin Wahl interview | Herbert schultes 034gegenüber, und die Tatsache, dass von all dem so gut wie nichts mehr übrig geblieben ist, bestärkt mich in meiner eigenen An- schauung von gutem Design. Wie wichtig sind neue Materialien und Fertigungsmethoden? Sehr wichtig. Wenn ein neuer Werkstoff verfügbar und bezahl- bar wird, schafft das neue Spielräume. Nehmen Sie das Beispiel Küchen. Bei Bulthaup haben wir die Funktionalität auf die Spitze getrieben, indem wir bei der Kantenbearbeitung Laser einsetzen. So wirken alle Kanten wie aus einem Guss. Das ist sehr praktisch und hochwertig. Sie designen seit 27 Jahren immer wieder Küchen. Kochen Sie gerne? Ich esse gerne, wie man sieht (schmunzelt, blickt an sich herunter, strafft das Sakko), und ich kaufe liebend gerne ein. Ich bin ein eifriger und verlässlicher Küchenjunge. Und ein guter, dankbarer Esser. Nicht kochen zu können, ist kein Manko, wenn man gute Kü- chen erschaffen will? Überhaupt nicht. Sie müssen ja auch kein Designer sein, um mich interviewen zu können. Das wäre vielleicht auch eher hinderlich. Ganz genau, weil wir dann nämlich in Details abdriften würden, die niemanden außer uns beiden und einige andere Designer interes- sieren. Wenn man zu sehr in einer Sache drinsteckt, kann man sie nicht mehr von außen betrachten. Jemand, der 30 Jahre lang nur die Rückleuchten eines Autos designt hat, ist definitiv der Falsche für den Entwurf eines Gesamtfahrzeugs. Ich habe mich nie auf eine bestimmte Produktgruppe spezialisiert und hoffe, mir dadurch eine gewisse Frische bewahrt zu haben. Wir streiften vorhin das Thema Zeitgeist. Seit Jahren ist das Thema Ökologie en vogue. Wie ökologisch nachhaltig sollte das sein, was Designer schaffen? Ich betrachte es als hinreichende Folge guten Designs, dass Pro- dukte langlebig sind und damit die Umwelt nicht über Gebühr belasten. Klingt sehr pragmatisch – und ein bisschen elitär. Finden Sie? Ich bin jedenfalls kein Sektierer, der nur der Ökologie huldigt und sagt, Designer dürfen nur noch diese und jene Mate- rialien verwenden. Dazu bin ich als Mensch auch viel zu genuss- freudig oder sagen wir eher: zu barock. Aber es gibt doch so viel Produktschrott. Sollten Designer nicht häufiger sagen: An so einem Mist beteilige ich mich nicht? Moment! Ich finde die Art und Weise, wie etwa in der Kommunika- tions- und Unterhaltungselektronik Dinge hübsch gemacht werden, nur um sie schnell noch einmal verkaufen zu können, abstoßend. Dieses Styling hat mit meiner Vorstellung von Design nichts zu tun. Ich will Dinge entwickeln, die 20, 30 Jahre halten und danach immer noch so gut sind und so gut funktionieren wie zum Zeit- punkt ihrer Entstehung. Gutes Design wirft man nicht weg. Unsere Kultur beruht aber maßgeblich auf Konsum, und das bedeutet: Dinge wegzuwerfen, damit weiter konsumiert wer- den kann. Haben Designer heutzutage eine Verantwortung, diesen Zirkel zu durchbrechen? Das weiß ich nicht. Ich kann auch nicht für „die“ Designer sprechen. Dann sagen Sie uns einfach Ihre persönliche Meinung. Das Problem wird sich von alleine lösen. Bald schon werden acht Milliarden Menschen auf diesem Planeten leben. Unsere Ressour- cen sind begrenzt. Wir werden uns das zu schnelle Produzieren, Konsumieren und Wegwerfen in der heutigen Form nicht mehr leisten können. Langlebigkeit von Produkten wird ein wichtiges Gestaltungsthema sein. Das wird Auswirkungen auf die Entste- hung von Produkten, auf die verwendeten Rohstoffe und Materia- lien haben. Recycling wird immer wichtiger werden. Ich vermute, dass sich unsere Wertstoffkreisläufe noch viel weiter schließen müssen. Was das im Detail für Designer bedeutet, kann aber nur die Zukunft zeigen. Eine letzte Frage zu ebendieser Zukunft: Wann wird es die erste Ikea-Küche von Herbert Schultes geben? Oh! Das weiß ich nun wirklich nicht, obwohl ich es mir durchaus vorstellen könnte. Aber ich bin ja bei Bulthaup als Berater der Ge- schäftsleitung unter Vertrag und dort fühle ich mich sehr wohl. 035Mona Davis Beat Musik für Film & Werbung www.monadavis.com Wolfratshauser Straße 90 81379 München T: +49 (89) 74218-768 film- und Werbemusik-Kultur | Mona Davis Beat 036Kreiz Kruze fix Noamoi!!! Hoid dei Fotzn, du oide Brunskachel du ogsoachte!!! Giesing team Tonproduktionen München, Berlin, Düsseldorf www.giesing-team.de Einen Hauch mehr angestaute aggression, bitte. ton-Kultur | Giesing team sehr schön. Danke. 037Silber, Silber lieb ich sehr, Kann‘s auch gut gebrauchen, Hätt ich doch ein ganzes Meer Mich hinein zu tauchen (frei nach august schnezler) Schmiede-Kultur | Silberfisch Silberfisch www.silber-fisch.de Heimeranstraße 55 80339 München T: +49 (89) 502 23 86 laden@silber-fisch.de 038Silberschmiede sind seltener als das edle Metall, mit dem sie arbeiten. Der Goldschmied fertigt vor allem Schmuck, unter den Händen des Silberschmieds entstehen neben Schmuck auch kunstvolle Dosen, Kelche, Pokale, Kannen, sakrale Geräte und viele fantasievolle Objekte. Im Silberfisch haben sich Silberschmiede, Goldschmiede, Fasser, Gemmologen und ein Metallrestaurator zusammengeschlossen um Ihre Träume zu verwirklichen. Fotos Bodo Mertoglu 039Next >