Das kulinarische Erbe der Alpen
Gemeinsam mit dem Tourismusverband Allgäu/Bayerisch-Schwaben hat sich das Redaktionsteam von LUST AUF GUT aufgemacht, das kulinarische Erbe bei uns in der Heimat zu entdecken. Der Alpenraum umfasst Gebiete der acht Alpenstaaten Frankreich, Monaco, Italien, Schweiz, Liechtenstein, Deutschland, Österreich und Slowenien. Er bildet den Lebensraum von 13 Millionen Menschen und genießt europäische Bedeutung als Genuss- und Erholungsraum. Der Geschmack der Alpen hat viel mit dieser Vielfalt, der Topografie, der Geografie und den klimatischen Verhältnissen zu tun. Die Frage, die wir uns dabei gestellt haben, ist: Wie entsteht eigentlich eine geschmackliche Heimat? Wir sind davon überzeugt, dass diese Frage nur in Betrachtung der geschichtlichen Gesamtentwicklung zu beantworten ist. Ohne dabei Grenzen, Nationen oder Sprachen zu berücksichtigen.
Aus dem einstmaligen Natur- und Wildnisraum Alpen wurde mit der Zeit ein Kulturraum geschaffen. In einer heute nur noch schwer nachvollziehbaren Arbeitsleistung haben die Menschen im Alpenraum die Landschaft verändert. Wälder gerodet, wilde Flüsse gezähmt, die steilsten Hänge terrassiert und urbar gemacht. Es wurde bewässert, gesprengt und trockengelegt. Dadurch wurde die Lebensbasis für alles Tun geschaffen. Der Getreideanbau wurde dadurch maßgeblich verändert, die Viehwirtschaft ermöglicht und einer Verwaldung und Verwilderung entgegengetreten.
Der Umgang mit der Natur und die Urbarmachung verändert auch das Verhalten und die Ernährungsgewohnheiten der dort lebenden Menschen. Kriegerische und politische Unruhen verstärkten die Not und den Hunger. Kreative Kraft, Können und Durchhaltevermögen der Menschen auf dem Land und der Bergbauern verhalfen dieser unwirtlichen Gegend zu einer der schönsten in Europa zu werden.
Die Genuss- und Esskultur, die während dieser Zeit entstand, ist tief geprägt von Tradition und Überlieferungen. Allgäuer Emmentaler, Allgäuer Weißlacker, Allgäuer Sennalpkäs und Allgäuer Bergkäse bilden dabei die Königsklasse. Ebenso die daraus entstehenden Kässpatz’n. Viele Gerichte wurden ergänzt durch den alpenländischen, überregionalen Handel mit Kulturpflanzen und bestimmten Tierrassen.
Auch der Import von Gewürzen wie z.B. Zimt, Anis und Kardamom auf historischen Handelsrouten, wie die Via Claudia Augusta, eine der größten und wichtigsten ihrer Art in den Alpen, veränderte das Geschmacksempfinden nachhaltig und verankerte die Gewürze tief im kulinarischen Erbe. Der Alpenraum mit seinen hohen Bergen, Seen und Tälern wurde trotz weiter Entfernungen kulinarisch erschlossen.
Die Art und die Zubereitungsmethoden der Lebensmittel wurden durch Säumer, Hirten und Händler in die alpenländische Welt und die Fürstenhäuser hinausgetragen und individuell angepasst. Die Geheimnisse von Flora und Fauna von Generation zu Generation weitergegeben und raffiniert in leckere Rezepte umgewandelt. Besondere Zubereitungsarten, Konservierung, Brenntechniken und Veredelungsverfahren haben bis heute Bestand und finden ihre Anwendung. Diese Geschmacksvielfalt ist seit unserer Kindheit tief in uns verwurzelt.
Nicht umsonst schätzt man „Großmutters Küche“, und es werden bis heute viele traditionelle, überlieferte Gerichte auf den Alpen und in Gastwirtschaften serviert. Das soll kein Mantra sein wie: Früher war alles besser. Aber probiert mal ein frisch gebackenes Stück Brot aus dem Steinofen mit einer Älpler-Butter und einem Stück Allgäuer Bergkäse und vergleicht das mit industriell gefertigtem Brot und Käse, dann wisst ihr, was wir meinen.
Unser Appell an euch – besucht die Alpen, die vielen Hofläden, Fischzuchten, kleinen Fleischerzeugerbetriebe mit den alten Tierrassen, lasst euch von dem kulinarischen Erbe eurer Ahnen überzeugen und helft der Qualität, dem Genuss und dem Geschmack, sich wieder in den Köpfen und am Gaumen zu entfalten.
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