Weltmeisterin, Skiführerin, Mentalcoach
Freeriderin Lorraine Huber, Tochter eines Skilehrers und als „Lecher Madl“, hatte die perfekte Gelegenheit, bei der örtlichen Skischule gratis Unterricht von den Besten zu bekommen. Hier lernte sie, „im Gelände frei zu schwingen“, und stieg innerhalb der Schule an die Spitze zur „1A-Gruppe“ auf. Damals fasste sie das ambitionierte Ziel, dass sie irgendwann die erste Frau in Lech sein wollte, die diese Gruppe führen wird. Nach allen vorgeschriebenen Ausbildungen war es dann endlich so weit: Lorraine führte die „1A-Skigruppe“ für drei Jahre an. Danach absolvierte sie die klassische Ausbildung zur Skilehreranwärterin, Landesskilehrerin und staatlich geprüfter Skilehrerin- und Skiführerin.
Zu der damaligen Zeit konnte sie es sich noch nicht vorstellen, einmal zu hundert Prozent von diesem Beruf leben zu können. Mit 23 Jahren gründete Lorraine, gemeinsam mit ihrem damaligen Partner, die erste Freeride-Schule Österreichs, das Freeride Center Sölden im Ötztal. Das war ihr erster Schritt, der sie weit weg vom konventionellen Leben führte und sie voll und ganz „Freeriderin“ werden ließ. „Mit 24 Jahren hatte ich meinen ersten Freeride-Wettbewerb, den ich auch gewann“, so Lorraine.
Ein schwerer Sturz führte zu einer Zwangspause. Kreuzband- sowie Seitenbandriss am Knie. Ein Jahr Reha, Aufbautraining, Auszeit in ihrer alten Heimat Australien und völlige Reflexion. Sie gab sich anschließend genau ein Jahr Zeit, um für sich rauszufinden, wie ihr weiterer Weg aussehen soll. Eine Saison, in der sie zum Skifahren und Freeriden ging, nur für sich und mit vollem Fokus auf ihre große Leidenschaft. Während dieser Zeit fühlte sie, „dass da noch mehr geht“ und dass noch viel Potenzial bei ihr vorhanden ist, in den Freeride-Skizirkus zurückzukehren und erneut anzugreifen.
Große Entscheidungen werfen ihre Schatten voraus und fordern auch manchmal große Opfer. Lorraine begann die richtigen Fragen zu stellen, vollzog einen totalen Perspektivwechsel in Bezug auf die elementaren Dinge des Lebens, baute die mentale Einstellung zum Skifahren auf und erlernte den Umgang mit der Angst und dem Scheitern.
Die nächsten zwölf Jahre waren vom Profisport geprägt. Es war ein langer Weg, bis sie die mentale Stärke entwickelte, auch unter hohem Druck ihre Leistung abzurufen. Als dieses letzte Puzzleteil ihrer mentalen Entwicklung platziert war, wurde sie prompt Weltmeisterin – in einem für diese Sportart schon beachtlichen Alter von 37 Jahren. Heute liegt das Durchschnittsalter der Starter bzw. Teilnehmer eher bei 25. Doch auch andere Begabungen und Ressourcen waren gefragt. Denn wer allein vom Skifahren leben will, muss auch verstehen, sich in Szene zu setzen und seine Erfolge zu vermarkten.
Lorraine war von Anfang an selbst für ihre Vermarktung verantwortlich. Für Lorraine war die Rolle als Markenbotschafterin viel mehr, als ein Logo zu präsentieren oder einmal ein Statement zu einer Skientwicklung abzugeben. Sie schuf und schafft bis heute wert, war voll und ganz für ihre Sponsoren da, in ihren Filmprojekten, auf den Social-Media-Kanälen, bei ihrer öffentlichen Präsenz als Public-Speakerin, als Freeride-Camp-Veranstalterin und Coach.
Eines von Lorraines Herzensprojekten sind die „Women’s Progressions Days“, die sie 2008 ins Leben gerufen hat. „Ich möchte Frauen helfen, mutiger zu werden, ihren eigenen Weg zu gehen, das ist meine Mission. Für die Durchführung meiner Frauen-Freeride-Camps sind nur Skilehrerinnen/-führerinnen aus Lech engagiert, super Mädels, begnadete Skifahrerinnen und besondere Menschen.“ Dieses Projekt erfüllt sie, neben ihrem Weltmeistertitel, der so viel Durchhaltevermögen in allen Richtungen von ihr verlangte, mit Stolz und belohnt sie mit großer Zufriedenheit und Glück.
Den ausführlichen Bericht findet ihr im LUST AUF GUT-Magazin Allgäu/ Bodensee/ Oberschwaben | Nr. 229 (Herbst/ Winter 2022).
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